Hätte man unseren Vorfahren vor 150 Jahren einen Film über die heutigen Technologien gezeigt – sie hätten wahrscheinlich gedacht, es handele sich um pure Science Fiction.
Geräte, deren Oberfläche man berührt und somit Verbindung zu Menschen auf der ganzen Welt aufnehmen kann – oder Dinge, mit denen man spricht, welche den Weg zum nächsten „Marktplatz“ aufzeigen. Für uns ist dies alles ganz normal, doch selbst vor 50 Jahren hätte man sich wahrscheinlich so einige – vor allem digitale Technologien - nicht vorstellen können.
Heute stehen wir kurz davor, dass die von uns genutzten Technologien unser Leben derart optimieren, dass wir uns um Dinge wie die Raumtemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Helligkeit oder Belüftung des Zimmers nicht mehr selbst kümmern müssen. Sogar vor potentiellen Einbrechern kann sich das „Smart Home“ schützen, indem es die Anwesenheit der Bewohner simuliert. Dies könnte irgendwann auch so weit führen, dass unser Zuhause unsere Lebensgewohnheiten kennt, Musik entsprechend unserer aktuellen Stimmung einstellt, uns darauf hinweist, wenn wir eine Erkältung aufgrund unseres Verhaltens riskieren oder das passende Bahnticket bucht, sobald wir das Haus verlassen. Sollte der Hausbewohner einmal nicht zur gewohnten Zeit aus dem Haus gehen, so könnte mithilfe smarter Technologien überprüft werden, ob ihm etwas fehlt oder sogar ein Arzt gerufen werden muss.
Bezieht man die demographische Entwicklung – also die Altersstruktur in Deutschland - in die Überlegungen mit ein, so könnten die Smarten Technologien in diesem Bereich eine Menge Hoffnung bieten – denn ein smartes Zuhause könnte dem älteren Menschen auf Dauer in gewissem Maß helfen, selbst mit Beeinträchtigungen ein selbstständiges und somit selbstbestimmtes Leben zu führen.
Insbesondere in Bezug auf Energiekosten und Ressourceneinsparung versprechen die Entwickler der Smart Home Technologien einige Vorteile. Von mehr als 2/3 weniger Energieverbrauch wird teilweise gesprochen – auch für unsere Umwelt könnten die aktuellen Entwicklungen somit Positives mit sich bringen. Wir müssen uns also eventuell irgendwann nur noch um die wichtigen Dinge des Lebens kümmern.
Doch so weit entfernt ist die „Zukunft“ und das „Internet of things“ gar nicht mehr. Schon jetzt nehmen die smarten Technologien immer mehr Raum in unserem Leben ein – ein Großteil der Bevölkerung besitzt bereits ein Smartphone. Ok, dies ist mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden und für uns nichts Besonderes mehr.
In vielen Haushalten heißt aktuell das jüngste Familienmitglied „Alexa“ - diese kann sich nicht nur unsere Musikvorlieben merken und uns somit den Morgen versüßen – sie schaltet auf Zuruf auch andere Geräte ein oder aus. Zu Zeiten des „Quantified Self“ bzw. des „Self Trackings“ wird in einigen Haushalten bereits beim Betreten des Badezimmers – nach dem Gang auf die Waage – die Beschaffenheit des eigenen Körpers in eine App hochgeladen und mit den über einen Fitnesstracker gewonnenen Daten abgeglichen. Hierzu wird beispielsweise der Schlaf, die Herzfrequenz und zukünftig sogar der Sauerstoffgehalt im Blut überwacht. Werden uns entsprechende Technologien in einigen Jahren auf unseren Gesundheitszustand hinweisen und beim Einkauf anleiten oder zu individuell passenden sportlichen Aktivitäten auffordern? Dieser Gedanke liegt gar nicht so fern.
So, wie es aussieht, dürfte das Leben in 50 Jahren für die Menschheit also sehr automatisiert, komfortabel und zudem noch ressourcenschonend werden. Mehr Sicherheit, mehr Zeit, mehr Gesundheit, weniger Energiekosten und somit mehr Geld – Grundsätzlich kein so unangenehmer Gedanke. Ist es wirklich so einfach?
Durch die Nutzung entsprechender Technologien werden von den Nutzern immer mehr Daten erfasst, welche in der Summe sozusagen zu einer digitalen Identität der entsprechenden Personen werden. Gerade weil die Wahrscheinlichkeit, dass das Vertrauen in und die Abhängigkeit von entsprechenden Diensten immer größer wird, ist es umso wichtiger, unsere „Digitale Version“ genau wie unser analoges Leben entsprechend zu schützen und darauf zu achten, wohin welche Daten gelangen und an wen diese übermittelt werden.
So wie man sich immer überlegen sollte, welche Informationen man ins Internet stellt – da diese oft über eine lange Zeit bestehen bleiben, so sollte man auch bewusst entscheiden, welche Informationen aus dem privaten oder geschäftlichen Umfeld automatisch ins Internet geladen werden – denn hier verliert man ansonsten schnell den Überblick.
Würden wir die halbe Welt an unseren Gesprächen im Wohnzimmer teilhaben lassen wollen? Auch wenn es nichts zu verbergen gibt, so hat doch jeder Mensch ein individuelles Bedürfnis nach Privatsphäre. Wer seine Daten unüberlegt ins Internet übertragen lässt – denn hier landen die gesammelten Informationen sehr häufig oder werden zumindest hier verarbeitet – für den besteht auch immer das Risiko, dass im Fall von Datenmissbrauch oder unzureichendem Datenschutz die Privatsphäre darunter leidet.
Bei unzureichender Sicherheit wäre es möglich, dass kriminelle Hacker bzw. Einbrecher auf das Sicherheitssystem des Hauses und die Daten zu den Lebensgewohnheiten zugreifen und diese für ihre Zwecke einsetzen, um unbemerkt in das Haus zu gelangen. Aufgrund installierter Kameras wäre auch das Versteck der Wertgegenstände kein Geheimnis mehr.
Um derart negative Situationen zu vermeiden, müssen wir schon jetzt darüber nachdenken, dass immer mehr Dienste auf Dauer miteinander verknüpft werden und miteinander kommunizieren und dass daher die Datensicherheit von Anfang an – also mit Nutzung des ersten „smarten Geräts“ - bereits gegeben sein muss.
Die Japanische Regierung führt seit diesem Monat ein Projekt durch, welches die Datensicherheit des Internet of things (Internet der Dinge) testet – denn für das Jahr 2017 stellte sich laut NICT (Nationales Institut für Informations- und Kommunikationstechnologie) heraus, dass 54 Prozent der Cyberattacken in diesem Bereich stattfanden (Quelle: Heise.de/ C. Bruns; 07.02.2019). Die Tatsache, dass die Regierung hierfür die Geräte der eigenen Bürger hackt, zeigt die besondere Relevanz des Datenschutzes in diesem Bereich auf. (1)
Es ist absolut wichtig, dass alle an das Netzwerk angeschlossenen Dienste in Bezug auf Sicherheit und Datenschutz keine Mängel aufweisen. Hierzu zählen beispielsweise eine verschlüsselte Datenübertragung, ein seht guter Passwortschutz sowie bewusste Entscheidungen in Bezug auf den Speicherort der Daten – denn nur für Daten, die auf einem Server in Deutschland liegen, gilt auch das deutsche Datenschutzgesetz. Denken Sie bei den Entscheidungen von heute schon an die Datensicherheit von morgen!
Auch wenn im Zusammenhang mit smarten Geräten häufig mit der Reduzierung von Energiekosten geworben wird, so sollte immer berücksichtigt werden, dass auch die Anschaffung von zahlreichen neuen Geräten sowie die Entsorgung der vielleicht noch nicht defekten „alten“ Geräte eine Belastung für die Umwelt bedeuten kann. Nicht nur der Betrieb und die Vernetzung der Technik verbraucht Strom – auch die Speicherung der Daten auf entsprechenden Servern sollte in die Betrachtung des Ressourcenverbrauchs mit einbezogen werden. Sogar die verwendete Übertragungstechnologie kann einen Einfluss auf den Stromverbrauch haben. Obwohl beispielsweise W-LAN über eine hohe Reichweite verfügt, ist es aufgrund des höheren Energieverbrauchs nicht die beste Lösung für das smarte Zuhause.
Eine Studie von Christa Liedtke (Ressourcenforscherin, Wuppertal Institut) hat gezeigt, dass nicht jeder mit dem Smart Home zwingend Energiekosten sparen kann. Einige der Studienteilnehmer haben mit dem Smart Zuhause sogar mehr Energie verbraucht als zuvor. Ein entscheidender Faktor war hierbei, inwiefern die in den smarten Geräten „vorprogrammierten“ Verhaltensweisen tatsächlich auch für die Nutzer, Ihre Bedürfnisse und den Lebensstil passend waren. (2)
Nicht jeder möchte das Fenster schließen, sobald es regnet oder das Licht ausschalten, sobald ein bestimmter Helligkeitswert erreicht ist. Wir sind alle Individuen und treffen Entscheidungen nicht immer aus pragmatischen, sondern häufig auch aus emotionalen oder situativen individuellen Gründen. Inwieweit tatsächlich Energie gespart wird, hängt somit stark von den individuellen Gewohnheiten und Verhaltensweisen des Nutzers ab.
Solange dieser Punkt die Energieeinsparung beeinflusst, so besteht hier tatsächlich noch sehr viel Handlungsbedarf – denn die smarten Technologien sollten nicht auf perfekt agierende Wesen, sondern auch echte Menschen zugeschnitten sein.
Wer sich darauf verlässt, dass ein bestimmter Dienst immer in einer gewissen Art und Weise oder zu einer bestimmten Uhrzeit funktioniert, der macht sich auch selbst abhängig davon und lässt sich vielleicht mit der Zeit immer mehr davon lenken. Dies kann natürlich positiv sein, wenn dies gewollt wird – beispielsweise um morgens pünktlich das Haus zu verlassen - Was ist aber beispielsweise, wenn man sich einmal spontan anders verhalten möchte, sich noch eine Stunde mit der Nachbarin unterhalten möchte oder einen geplanten Termin doch nicht wahrnehmen möchte – würde man sich in dem Fall dadurch beeinflussen lassen, dass die Heizung schon an oder der Backofen für das Abendendessen vorgeheizt ist, sobald man sich in der Nähe der Wohnung befindet? - und würden für den Fall, dass man dies ignoriert, nicht die Energiekosten höher ausfallen als nötig? Wäre es möglich, dass – auch wenn es verrückt klingt – unsere Haushaltsgeräte unseren Tagesrhythmus und unsere Spontanität beeinflussen? Auch über diesen Punkt lohnt es sich im Vorfeld einmal nachzudenken.
Wenn verschiedene Geräte miteinander agieren und Daten austauschen, muss man auch immer berücksichtigen, dass der Ausfall eines Geräts auch die Funktion des anderen beeinträchtigen kann. Sind alle Dienste zentral gesteuert, so kann ein Ausfall der „zentralen Steuerung“ auch schnell einmal das komplette Netzwerk zum Erliegen bringen. In diesem Fall – aber auch im Fall eines Stromausfalls kann die absolute Abhängigkeit von entsprechenden Systemen auch von Nachteil sein. Gleiches gilt für den Fall eines Angriffs durch kriminelle Hacker.
Die zuvor genannten Aspekte sollten unbedingt in die Planung eines „smarten Lebens“ einbezogen werden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass auch andere Personen und deren Interessen geachtet werden müssen.
Was ist notwendig, wenn Gäste das smarte Zuhause betreten? Müssen diese einer Datenschutzerklärung zustimmen, damit alle Geräte „auf Empfang“ bleiben können?
Inwiefern müssen die Interessen von Kindern besonders geachtet werden?
Wer muss gegebenenfalls für einen Fehlalarm aufkommen?
Dieser Beitrag soll eins verdeutlichen: Die smarten Technologien bringen tatsächlich eine Menge Komfort und Potential mit sich. Wir dürfen gespannt sein, wie das Leben in 20, 30 oder 40 Jahren aussieht. Es wäre jedoch ein Trugschluss, zu denken, dass wenn mehr Technologie zum Einsatz kommt, man umso weniger über seine Handlungen selbst nachdenken muss. Das Gegenteil ist der Fall: Je mehr man sich auf einen Dienst verlässt, desto mehr sollte man auf diesen und dessen Sicherheit vertrauen können. Daher sind hier eine gute Planung sowie wohl überlegte und smarte Entscheidungen gefragt – von Beginn an!
Und auch wenn wir letztendlich ein System finden, welchem wir in hohem Maße vertrauen können, so sollten wir dennoch immer achtsam bleiben und die Verantwortung niemals komplett abgeben.
Quellen:
(1) Bruns, Christine/ Heise.de: Japans Regierung Hackt eigene Bürger. In: heise.de. 7. Februar 2019. URL: https://www.heise.de/newsticke..., abgerufen am 8. Februar 2019.
(2) Factory – Magazin für nachhaltiges Wirtschaften: Nur wenn Nutzer ihre Autonomie behalten, funktionieren Smart-Home-Systeme ressourcenschonend. In: factory-magazin.de. 09.04.2018. URL: https://www.factory-magazin.de..., abgerufen am 8. Februar 2019.